Es hat 80 Jahre gedauert, bis Hans Bär wieder in seine Heimat zurückkehren konnte. Doch ganz verloren, hat der 95-Jährige seine Wurzeln nie. Das merkten auch die hundert Schüler, vor denen Bär saß und von seinem Leben und seiner Reise erzählte. Immer wieder wechselte der ehemalige Wohnbacher zwischen der deutschen und der spanischen Sprache. Denn auch Spanisch spielte für Bär in seinem Leben eine wichtige Rolle: Als 14-jähriger Junge sind er und seine Eltern nach Argentinien ausgewandert – in Deutschland war die jüdische Familie nicht mehr sicher. Weil kein Geld vorhanden war, kam Bär nicht mehr nach Deutschland zurück. Er baute sich ein Leben in Argentinien auf, heiratete und bekam Kinder und Enkelkinder. Zusammen mit zwei von ihnen ist er nun zurückgekehrt – dank der Finanzierung durch eine Crowdfunding-Kampagne. Ein Programmpunkt auf seiner langen Reise: Ein Zeitzeugengespräch mit Schülern der Singbergschule, das durch die Partnerschaft für Demokratie der Mittleren Wetterau BUNTerLEBEN gefördert wurde. Im Gepäck hatte er viele Geschichten aus seiner Kindheit, witzige und traurige, Anekdoten zu den kulturellen Unterschieden und eine wichtige Botschaft: „Ich gebe euch die Botschaft eines alten Mannes mit: Studiert und lernt fleißig, denn mit Bildung kommt man voran. Lasst euch nicht von Politikern hinters Licht führen und kämpft immer für eure Freiheit.“ Mit seiner Art und seiner positiven Einstellung zum Leben begeisterte er die Schüler. „Es war sehr emotional und ich finde es faszinierend, wie er trotz seiner Vergangenheit, so ein positiver Mensch geblieben ist“, erzählte Delila Huseinovič, die Hans Bär auch im Namen der Schüler auf Spanisch begrüßt hatte. Die Schüler konnten Bär alles fragen, über seine Kindheit in Wohnbach, seine Reise nach Argentinien, die Kulturen aber auch wie es war, wieder zu kommen. Hans Bär hatte in all dieser Zeit seine Heimat nicht vergessen: „Ich wurde als Freund empfangen. Dafür bin ich sehr dankbar." »Deutschland wird immer meine Heimat sein« 1938 floh der damals 14-jährige Wohnbacher Hans Bär nach Argentinien, um der nationalsozialistischen Verfolgung zu entgehen. Dem Freiburger Nikolai Sexauer, der seit zwei Jahren in Argentinien lebt, ist es gelungen, den großen Wunsch des heute 94-Jährigen, seine Heimat wiederzusehen und seiner Enkelin Marlene zu zeigen, mit einer Crowdfunding-Kampagne zu finanzieren. Im Rahmen seines Besuches fand ein Zeitzeugengespräch mit Schülern der Qualifikationsphase der Singbergschule in der Wetterauhalle statt. Federico Faccio diente als Dolmetscher, da Bär kaum noch Deutsch spricht. Das Gespräch wurde von Fachbereichsleiter Uwe Müller mit Unterstützung der Gymnasialzweigleiterin Petra Hannig organisiert und von den Kursleiterinnen Ramona Wagner und Beate Klüber begleitet. Einen gelungenen Rahmen bildete die spanische Begrüßung durch die Schülerin Delila Huseinovic sowie der Auftritt der von Thomas Küchenmeister geleiteten Schülerband »Under kitchen«. Schulleiter Olaf Bogusch und Magda Gerlach hießen die Besucher willkommen, Uwe Müller moderierte das Gespräch im Anschluss gemeinsam mit Nikolai Sexauer. »Kämpft für Eure Freiheit«, ruft Hans Bär den beeindruckten Jugendlichen zu. Bildung sei wichtig für ein erfolgreiches Leben, sagt er auf die Frage einer Schülerin, welche Lehre er ihnen mit auf den Weg geben wolle. Mit Jugendlichen zu sprechen sei ihm wichtig, wobei das nationalsozialistische Deutschland zur Sprache kommt, auch wenn er lieber seine schönen Erinnerungen an Deutschland und Argentinien teilt. Abschließend lässt es sich der Gast nicht nehmen, den Singbergschülern eine Karte Argentiniens als Andenken zu schenken. Viele der Jugendlichen blieben freiwillig länger, um sich in kleinerem Rahmen mit Hans Bär über sein Lieblingsthema Fußball auszutauschen und seine Fragen zu beantworten.
© Wetterauer Zeitung vom 15.05.2018